Stellungnahme zum Antrag auf Akteneinsicht

Die Schweizer Bischofskonferenz und andere kirchliche Institutionen der Schweiz haben im Jahr 2022 ein Forschungsteam der Universität Zürich damit beauftragt, die Geschichte des sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu erforschen. Im Rahmen dieses Projektes wurde (wie bereits im Juli 2025 medial berichtet wurde) ein Antrag auf Akteneinsicht an das Erzbistum Vaduz gestellt. Gegenstand des Gesuches war die Einsichtnahme in die Personaldossiers jener Priester, die ursprünglich zum Bistum Chur gehörten, mit der Errichtung des Erzbistums Vaduz aber in ebendieses inkardiniert wurden.  

Das Erzbistum Vaduz umfasst die Pfarreien auf dem Gebiet des Fürstentums Liechtenstein und ist als eigenständiges Erzbistum nicht Teil der Schweizer Bischofskonferenz. Beschlüsse der Schweizer Bischofskonferenz können sich jeweils immer nur auf die Bistümer der Schweiz beziehen. Gleichwohl hat das Erzbistum in einer ersten Stellungnahme gegenüber den Forschenden wie den Medien signalisiert, die Anfrage um Akteneinsicht rechtlich prüfen zu lassen. 

Diese Abklärung, in die auch die Datenschutzstelle Liechtenstein einbezogen wurde, ist mittlerweile abgeschlossen. Demnach ist eine Einsichtnahme in Personalakten durch eine dritte Stelle gemäss der in Liechtenstein geltenden Rechtslage nicht zulässig. Eine Zugänglichmachung von Personalakten für eine Institution aus dem Ausland stellt sowohl einem Verstoss gegen den geltenden Datenschutz wie auch gegen Persönlichkeitsrechte dar. Das Erzbistum Vaduz muss also den Antrag auf Akteneinsicht ablehnen, um den geltenden rechtlichen Rahmen nicht zu übertreten.

Es ist dem Erzbistums Vaduz ein Anliegen, die wissenschaftliche Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Umfeld der römisch-katholischen Kirche zu unterstützen und die Präventionsarbeit voranzubringen. Der Apostolische Administrator Benno Elbs hat im Herbst 2023 für das Erzbistum Vaduz eine unabhängige Ombudsstelle eingerichtet, die Betroffenen kostenlose und anonyme Beratung ermöglicht. Das Forschungsteam der Universität Zürich wurde auch gebeten, Betroffene mit Liechtenstein-Bezug, die sich im Rahmen ihrer Arbeit an sie wenden, auf das Angebot und die Möglichkeit der unabhängigen Ombudsstelle hinzuweisen. Der Schutz der Opfer steht im Zentrum bei gleichzeitiger Null-Toleranz-Strategie gegenüber missbräuchlichem Verhalten. Wird ein solches dem Erzbistum Vaduz bekannt, werden die zuständigen staatlichen wie kirchlichen Behörden darüber informiert. 

Kontakt zur Ombudsstelle
Dr.in Ruth Rüdisser
Psychologin und Psychotherapeutin
+43 800 84 80 08 (kostenlos), +43 676 832402308

Vaduz, am 7. November 2025